Die Chanukkia erstrahlt zu Chanukka – das jüdische Lichterfest

von Walter Schiffer, Freier Mitarbeiter


Am 25. Kislew eines jeden Jahres (November/Dezember) wird in jüdischen Haushalten die Chanukkia aufgestellt, ein achtarmiger Leuchter, auf dem Tag für Tag ein Licht mehr mit einer neunten Kerze, dem Diener, angezündet werden. Chanukka heißt wörtlich Einweihung, und damit wird auf den historischen Ursprung des Festes verwiesen: In einer imposanten militärischen Aktion schafften es die Makkabäer 165 v.d.Z. unter ihrem Anführer Jehuda Makkabi – mit Gottes Hilfe – die verhasste seleukidische Fremdherrschaft zu schlagen. Zum Gedenken an den Sieg über die hellenistische Übermacht wird seither ein achttägiges Lichterfest gefeiert.

Dieser politische Aspekt wurde allerdings während der Zeitspanne der römischen Besatzung zum Problem: Jedes Jahr acht Tage lang das Fest der Befreiung zu feiern, schürte die Skepsis der Römer. So trat ein anderer Zug des Festes in den Vordergrund. Der Legende nach reichte nach der Vertreibung der Seleukiden und der Wiedereinweihung des von ihnen geschändeten Tempels das geweihte Öl nicht, um den Tempelleuchter, die siebenarmige Menora, erstrahlen zu lassen. Es dauerte acht Tage, um das Öl auf die rechte Art herzustellen. Aber – ein großes Wunder geschah! – das Öl eines Tages reichte acht Tage lang.

So verbindet das Chanukkafest zwei wunderbare Begebenheiten.

In diesem Jahr erstrahlen ab dem 25. Kislew (11.12.) für acht Tage die Kerzen auf dem Chanukkaleuchter. Licht und Freude erhellen die düsteren Tage. Es wird u.a. das Lied ‚Maos Zur‘/‚Fels unserer Hilfe‘ gesungen, das von der wunderbaren Befreiung erzählt. In Erinnerung an das Ölwunder werden in Öl gebackene Gerichte wie z. B. Latkes/Reibekuchen oder Krapfen auf den Tisch gebracht.

Kinder werden in diesen Tagen beschenkt. Es wird gespielt; besonders beliebt ist ein Kreiselspiel, das Drejdeln. Auf den Seiten eines unten zugespitzten Würfel-Kreisels sind die hebräischen Anfangsbuchstaben des Satzes zu sehen: Nes Gadol Haja Scham / Ein großes Wunder ist dort geschehen. Je nachdem zu welcher Seite der Kreisel fällt, erhält das Kind einen Teil oder den ganzen Einsatz seiner Mitspieler*innen usw. In Israel wurde die Aufschrift geändert: Nes Gadol Haja Po / Ein großes Wunder ist hier geschehen.

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In manchen Familien tritt wieder die politische Komponente des Festes in den Vordergrund. Neben ‚Maos Zur‘ werden zionistische Lieder gesungen. Bereits in den 1920er Jahren wurde eine Chanukkia angefertigt, in deren Fuß eine Spieluhr die ‚Hatikwa‘ hören ließ. Dieses Lied der ‚Hoffnung‘ wurde bereits 1897 beim ersten Zionistenkongress in Basel gesungen und galt als Hymne der zionistischen Bewegung. Die Schoah-Überlebenden bekundeten mit diesem Lied in den Displaced-Persons-Camps in Deutschland ihren Willen zur Einwanderung nach Erez Jisrael. Schließlich wurde die ‚Hatikwa‘ die Nationalhymne des Staates Israel. Dieser Chanukka-Leuchter, der in der Ausstellung des Jüdischen Museums Westfalen zu sehen ist, verknüpft so das Jahr 165 v.d.Z. mit den Jahren 1897, 1945 und 1948 und reicht in die heutige Zeit.

Selbstverständlich wird auch an diesen acht Tagen innerhalb des Synagogengottesdienstes an ‚das große Wunder‘ erinnert. Beim Abend-, Morgen- und Nachmittaggebet werden bei dem zentralen Gebet ‚Amida‘ ein besonderes Dankgebet eingeschaltet, zusätzlich am Morgen das Hallel (Ps 113-118) gebetet und aus der Tora in acht Abschnitten Texte des vierten Buches Mose (6,22-8,4) gelesen.

Auf diese Weisen werden weiterhin die politischen und spirituellen Seiten des Festes gefeiert.

(Dezember 2020)