Geschichten aus der Sammlung, Teil 1: Wie kommt die Schallplatte ins Museum?

Eine neues Projekt und… eine Schallplattensammlung

von Thomas Ridder, Kurator


Zu den wesentlichen Aufgaben eines Museums gehören das Sammeln und Bewahren. Um jederzeit einen Zugriff auf die Exponate zu haben und um alle Informationen zu den einzelnen Objekten zu sichern, benötigt man eine gute Inventarverwaltung. Dazu nutzen wir schon seit vielen Jahren ein spezielles Datenbankprogramm, in dem nicht nur alle Informationen erfasst werden, sondern auch jedem Exponat ein oder mehrere Fotos zugeordnet werden können.

Wir haben nun im November 2021 ein Projekt gestartet, um unsere Datenbank grundlegend zu überarbeiten, und die Digitalisierung unserer Sammlung auf einen aktuellen Stand zu bringen. Einhergehend mit der Aufarbeitung des Sammlungsbestands überprüfen wir auch die Aufbewahrung der Exponate. Bei Bedarf werden diese neu archiviert. Bei der Archivierung müssen je nach Material des Objektes bestimmte konservatorische Aspekte beachtet werden. Die Archivkartons und -boxen müssen aus säurefreiem Material bestehen. Entsprechend haben wir für die weitere Archivierung und Inventarisierung Kartons und Mappen gekauft. Auch zwei Grafikschränke sind inzwischen nach längerer Wartezeit geliefert worden.

Doch zunächst habe ich die Datenbank einer ersten inhaltlichen Analyse unterzogen. Die bisherigen Erfahrungen beim Suchen zeigen, dass es bei den Sachgruppen und den Objektbezeichnungen einer besseren Systematik bedarf, um thematisch zusammengehörende Exponate auch alle angezeigt zu bekommen. Das funktioniert mit der bisherigen Systematik nicht. Deshalb habe ich eine neue Sachgruppensystematik entwickelt, die den Sammlungsbestand exakter widerspiegelt. Darüber hinaus werden alle Datensätze nach und nach auf Fehler geprüft und mit den Originalkarteien abgeglichen.

Ein weiteres Ziel unseres Projektes ist, alle noch nicht erfassten Objekte in die Datenbank aufzunehmen und bei Konvoluten, das sind kleinere Bestände von zusammengehörenden Dokumenten, möglichst viele wenn nicht gar alle Schriftstücke zu digitalisieren. Schon in den 1990er Jahren sind die damals erfassten Objekte fotografiert worden, allerdings noch mit Filmen und größtenteils in schwarzweiß. Nun wird der gesamte Bestand neu in digitaler Technik erfasst werden.

Einhergehend mit der Neuerfassung von Objekten haben wir einen neuen Sammlungsbestand angelegt. Unter dem Oberbegriff „Tonträger“ werden Schallplatten erstmals als Objekte in die Sammlung aufgenommen. Diese Schallplatten sind in den vergangenen fünfzehn Jahren meist als Beipack mit Bücherspenden dem Museum überlassen worden. Zunächst hatte ich die Schallplatten wenig beachtet zur Seite gelegt. Mit der Zeit fiel mir auf, dass sie aus einer Zeit stammten, späte 1960er bis frühe 1980er Jahre, als jüdisches Leben in Deutschland öffentlich kaum stattfand. Dennoch gab es einen kleinen Markt für synagogale und jiddische Musik. Auch bei den Musikern, es waren damals fast nur Männer, finden sich prominente Personen. Heute noch unvergessen ist der große Kantor der jüdischen Gemeinde Berlin Estrongo Nachama. Neben den „Musik“-Platten gibt es einige „Sprech-Schallplatten“, heute spricht man von Hörbüchern, mit Texten eingesprochen von Martin Buber. Diese Schallplatten stammen sogar aus den frühen 1960er Jahren. Diese Argumente brachten mich dazu, eine Auswahl der Schallplatten als eigenen Sammlungsbestand aufzunehmen. Sie sind sicherlich interessante Spuren für das jüdische Leben in Deutschland im zweiten und dritten Nachkriegsjahrzehnt.

Unser Projekt zur Digitalisierung wird im Frühjahr 2023 abgeschlossen werden. Eine kleine Auswahl unserer Exponate kann bereits auf dem Portal „museum:digital“ eingesehen werden (https://westfalen.museum-digital.de/index.php?t=institution&instnr=39&cachesLoaded=true)

 

(März 2022)