Für die regionalgeschichtliche Forschung haben wir nie genug Zeit und Arbeitskraft – aber hier gibt es immerhin einige Schlaglichter auf wichtige Projekte des Museums. Auch die Seite „Veröffentlichungen“ informiert über frühere Forschungs-Ergebnisse.
Antisemitismus bleibt auch Jahrzehnte nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft eine aktuelle und gesamtgesellschaftliche Herausforderung. Alte und neue Stereotype werden quer durch die Gesellschaft – im privaten wie im öffentlichen Raum – teils offen, teils über Umwege kommuniziert.
Das Projekt „Antisemi…was? Reden wir darüber!“ richtete sich in der ersten Phase (2018/2019) an Schüler*innen ab der 9. Jahrgangsstufe, in einer zweiten Phase (2019/2020) an Lehrkräfte und Bildner*innen im Raum Westfalen. Antisemitismuskritische Bildungsarbeit sollte nicht erst bei verfestigten Weltbildern ansetzen, sondern kann bereits der Verbreitung von Stereotypen im Alltag und ihrer unbewussten Aufnahme entgegenwirken. „Prävention statt Reaktion“ war der Leitgedanke unserer Fortbildungen, die bedingt durch die COVID-19-Pandemie im ersten Halbjahr 2020 als zweiteiliges Webinar stattfand.
Unsere Fortbildungen knüpften an die Berufs- und Alltagserfahrungen der Teilnehmenden an und beabsichtigten, sie für die Funktionen von antisemitischen Stereotypen zu sensibilisieren. Gemeinsam erarbeiteten wir, wie antisemitismuskritische Perspektiven in die pädagogische Praxis von Schulen und außerschulischen Lernorten eingebracht werden kann.
In den Fortbildungen sollten Methoden und Inhalte vorgestellt werden, die sich über das historische Lernen hinaus dafür eignen, über Phänomene und Vorfälle des aktuellen Antisemitismus ins Gespräch zu kommen.
Das Projekt wurde gefördert von der Landeszentrale für politische Bildung Nordrhein-Westfalen.
Woher kommen die Objekte aus unserer Sammlung? Wer waren ihre einstigen Besitzer*innen?
Im Rahmen des Projektes „Provenienzforschung“ befassen wir uns mit diesen wichtigen Fragen der Museumsarbeit und spüren der Herkunft der Objekte aus unserer Sammlung nach.
Damit wollen wir uns der moralischen Verantwortung eines Museums stellen, durch kritischen Blick auf die eigene Sammlung „faire und gerechte Lösungen“ im Umgang mit jüdischem Kulturbesitz zu finden.
Die Kernaufgabe besteht darin, Nachforschungen zu den ursprünglichen Besitzer*innen der Sammlungsgegenstände und ihrer Biografien anzustellen. Das bezieht sich vor allem auf Gegenstände, bei denen der Verdacht besteht, dass sie zwischen 1933 und 1945 ihren Besitzer*innen geraubt wurden oder aus Not veräußert oder versteckt werden mussten. Darunter befinden sich viele Judaica (jüdische rituelle Gegenstände), ebenso wie Gegenstände des täglichen Bedarfs. Für uns nimmt diese Arbeit einen hohen symbolischen Stellenwert ein, um unseren Museumsauftrag zu reflektieren und den Objekten ihre verlorene Identität zurückzugeben.
Mehr Informationen zu unserem Forschungsprojekt finden Sie HIER .
Einen spannenden Einblick in die tägliche Arbeit unseres wissenschaftlichen Mitarbeiters Sebastian Braun vermittelt das Portrait in der Dorstener Zeitung.
Lesen Sie hier die Pressemitteilung zur Restitution eines Gebetbuches aus der Sammlung des Jüdischen Museums an die rechtmäßige Erbin. In der WDR 3-Sendung Kultur am Mittag gab es am 25. November einen Bericht dazu.
Besonderer Dank für die Ermöglichung des Projekts geht an:
Jüdische Friedhöfe sind an vielen Orten Deutschlands das einzige verbliebene Zeugnis jüdischen Lebens, und der nationalsozialistischen Zerstörung sind erstaunlich viele von ihnen entgangen. Wir beschäftigen uns seit langem mit der Geschichte, dem aktuellen Zustand und der lokalgeschichtlichen Aussagekraft jüdischer Friedhöfe in unserer Region.
Bisher sind dazu drei Veröffentlichungen im Druck erschienen: „Kleine Leitfäden“ zu den jüdischen Friedhöfen in Dorsten, Schermbeck sowie Borken/Gemen- siehe „Veröffentlichungen“. Weitere Broschüren/Büchlein sind in Vorbereitung; dabei kooperieren wir jeweils mit lokalen Gruppen und Forscher/innen und werden wissenschaftlich beraten vom Salomon-Ludwig-Steinheim-Institut in Essen.
Wir planen, an dieser Stelle allmählich in den nächsten Jahren ein Online-Archiv zu jüdischen Friedhöfen der Region aufzubauen – mit knappen „Steckbriefen“ und in Zusammenarbeit mit lokalen Expert/innen.
Mehr dazu in Kürze!
Von 2011 bis 2015 arbeitete ein Team des Jüdischen Museums an diesem Vorhaben: Der Themenkomplex „Heimat und Juden, jüdische Heimat, Nachbarschaft von Juden und Nichtjuden“ wurde in diesem Forschungs- und Ausstellungsprojekt – mit regionalem Schwerpunkt und mit Verweisen zu deutschlandweiten oder europäischen Themen – exemplarisch untersucht und 2014/2015 in einer großen Sonderausstellung präsentiert. Diese Recherche bezog sich auf Themen aus Recht und Politik, Kultur (Literatur, Musik, Theater) und Gesellschaft (insbesondere Alltag und Vereinen).
Wir knüpften damit an die weit verbreitete Vermutung an, dass Juden ein besonderes Verhältnis zu ihrer Heimat haben, und zeigen an geschichtlichen Spuren, in erster Linie aus dem 19. und 20. Jahrhundert, vor welchem geschichtlichen Hintergrund es zu dieser Wahrnehmung gekommen ist. Dabei werden Stationen und Bedingungen der Sesshaftwerdung und des Erwerbs von Bürgerrechten durch Juden in unserer Region sichtbar ebenso wie die verschiedenen jüdischen Wege der Integration und die sich wandelnden Identitätsentwürfe in diesen Prozessen. Themenbereiche der Ausstellung waren: Heimatrecht – Heimatliebe – Heimatvertrieben – Heimweh – Mehrere Heimaten.
Damit konnten wir
Meilensteine und Produkte waren eine Fachtagung im Jahr 2012, eine Veröffentlichung 2015, ein Hörbuch (zu beidem siehe „Veröffentlichungen„), eine Website sowie die Ausstellung (gestaltet vom Büro KatzKaiser, Köln/Darmstadt).
Das Projektteam bestand aus: Dr. Iris Nölle-Hornkamp und Thomas Ridder M.A.; es wurde unterstützt durch Elisabeth Schulte-Huxel und Dr. Norbert Reichling. Förderung: Die Personalkosten des Projekts wurden durch die Kulturstiftung des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe großzügig gefördert. Für die Ausstellung waren außerdem die Krupp-Stiftung, die Bethe-Stiftung und weitere Unterstützer entscheidend.
Die jüdische Zuwanderung seit dem Jahr 1990 hat dazu geführt, dass jüdisches Leben in den Gemeinden und in anderen Formen wieder eine Zukunft hat in Deutschland. Am Beispiel des Ruhrgebiets haben wir beispielhafte Lebensgeschichten dokumentiert: Woher kamen die Einwanderer und Einwandererinnen? Warum zogen sie nach Deutschland? Welche Erfahrungen haben sie in der früheren Heimat und hier gemacht? Welche Rolle spielen die Gemeinden für die Zuwanderer, welche Formen des Jüdischseins spielen eine Rolle und welche Zukunftsperspektiven haben sie – und wir gemeinsam?
Unter dem Titel „Angekommen!?“ entstand aus 24 Interviews eine Wanderausstellung, die seit dem Frühjahr 2010 im Ruhrgebiet und anderswo gezeigt wird. Die individuellen Motive und die großen Leistungen der eingewanderten Männer und Frauen werden damit erkennbar.
2008 entdeckte Elisabeth Schulte-Huxel vom Vorstand des Museumsvereins die überlebende Tochter einer 1938 deportierten ostjüdischen Familie aus Dorsten, besuchte Elise Hallin-Reifeisen in Stockholm und führte mit ihr ein Interview zu ihrer Lebensgeschichte. Frau Hallin-Reifeisen war als Kind mit ihrer Familie am 28. Oktober 1938 nach Polen deportiert worden und später durch einen „Kindertransport“ nach Schweden gerettet worden. Für ihre Eltern Simon und Gertrud Reifeisen legte Gunter Demnig 2008 einen sog. Stolperstein in Dorsten (www.gelsenzentrum.de/familie_reifeisen).
Im Dorstener Museum fand im November 2008 ein Vortrag zu diesem Thema statt. In Gelsenkirchen wurde 2009 ein „Stolperstein“ für Regine Spanier, Großmutter der Zeitzeugin, verlegt – siehe auch hier.
2011 veröffentlichte Elisabeth Cosanne-Schulte-Huxel (Hg. im Auftrag des Jüdischen Museums Westfalen) das Buch „Mein liebes Ilsekind“ Mit dem Kindertransport nach Schweden. Briefe an eine gerettete Tochter
Eine Zusammenfassung dieser Familien-Recherche wurde im Heimatkalender der Herrlichkeit Lembeck und der Stadt Dorsten 2009 und hier veröffentlicht:
www.gelsenzentrum.de/geschichte_familie_reifeisen
Bereits 2008 wurde eine zusätzliche Internetseite des Jüdischen Museums freigeschaltet: Unter der Webadresse www.eisendrath-stories.net werden in englischer Sprache etwa 30 Geschichte der im 19. Jahrhundert aus Dorsten (weitgehend) in die USA emigrierten Familie Eisendrath präsentiert; auch ein belgischer Zweig war aufzufinden. Da wir immer wieder Anfragen von jüngeren Familienmitgliedern aus den USA bekamen, haben wir beschlossen, als „work in progress“ wenigstens einige Bausteine dieser faszinierenden Geschichte im Internet zu veröffentlichen. Zu diesem Zweck haben wir einige Texte und Quellen aus der Forschungsarbeit des Museums redigiert, übersetzt und zusammengestellt, außerdem einige der Besuchsberichte von Familienmitgliedern der letzten Jahre.
Im Juli 2010 fand ein großes Treffen mit 55 Mitgliedern der Familie Eisendrath aus den USA und aus Belgien in Dorsten statt – ein englischsprachiger Bericht darüber (übersetzt aus unserer Museumszeitung „Schalom“) ist hier nachzulesen.
Und in unserer Publikationsliste gibt es inzwischen den Titel „From Dorsten to Chicago“ zu finden und zu bestellen.